Offener Brief an die Hofburg-Betreibergesellschaft

Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen?

Sehr geehrte Frau Danler,

Am 1. Dezember 2011 titelten Sie in einer Presseaussendung mit Rückfragehinweis Mag. Renate Danler: „Wiener Korporationsball 2012 zum letzten Mal in der HOFBURG Vienna“ Und: „Aufgrund der aktuellen politischen und medialen Dimension, welche die Abhaltung des WKR-Balles in den letzten Jahren angenommen hat, beschließt die Wiener Hofburg Kongresszentrum BetriebsgmbH für den Korporationsball nach der Ballsaison 2012 nicht mehr als Veranstaltungsstätte zur Verfügung zu stehen.“(1)

Auch sprach sich mit den Casinos Austria offen ein Mitgesellschafter ihrer Hofburg-Betreibergesellschaft medial für eine Absage aus, da „jede Form von Extremismus“ entschieden abgelehnt wird und man “Organisationen, die die nötige Distanz zu einschlägigem Gedankengut vermissen lassen, keine Bühne geben“ wolle.(2)

Am 1. Februar soll nun der WKR-Ball unter neuem Namen wieder in der Hofburg stattfinden. Die Funktion des „1. Wiener Akademikerballes“ ist aber dieselbe, wie die des WKR-Balles. Sie geben damit auch 2013 wieder Rechtsextremen aus ganz Europa die Möglichkeit sich in einem der repräsentativsten Prunkräume der Republik zu vernetzen und besitzen obendrein die Dreistigkeit zu behaupten, dass „ein Ball […] ja nichts Politisches“ sei, sondern „etwas Gesellschaftliches, wo Leute Freude empfinden sollten.“(3) Wir empfinden das als eineaußerordentliche Frechheit in Anbetracht der Tatsache, dass laut dem DÖW allein von 2009 bis 2011 Rechtsextreme wie Markus Beisicht, Patrik Brinkmann, Philip Dewinter, Alexander Dugin, Matthias Faust, Bruno Gollnisch und Enrique Ravello an mindestens einem Ball teilgenommen haben. In Frankreich schrieben die Medien nach der Teilnahme der französischen Rechtspolitikerin Marine Le Pen im letzten Jahr richtig, dass der Ball „ein widerwärtiger Ball für Nostalgiker des 3. Reiches“(4) ist.

Alter Ball in neuem Gewand

Dass nun die FPÖ zur Hilfe eilt, um die Veranstaltung abhalten zu können, war nach Ihrer Absage bereits absehbar. Am 1.12.2011 sicherte FPÖ Chef Strache in einer Presseaussendung den Ballveranstaltern bereits seine „volle Unterstützung“ zu.(5) Sie sprechen in unglaublich naiver Weise davon, dass es sich um eine völlig neue Veranstaltung handelt und betonen sogar nochweiters, dass Sie „zwei komplett verschiedene Veranstalter“ sehen. Dabei wird nicht einmal der Versuch von Veranstalterseite unternommen die klare personelle wie inhaltliche Kontinuität zwischen WKR- und Akademikerball zu verschleiern.

1.)Im Vereinsregisterauszug des Vereins „Wiener Akademikerball-Ballausschuss – Verein für Wissenschaft, Forschung, Kultur und Menschenrechte“ wird einer der letztjährigen Organisatoren Udo Guggenbichler als Vorsitzender angeführt.

2.)Von der Homepage des WKR-Balles wird man direkt auf die Seite www.wiener-akademikerball.at weitergeleitet.
3.)Im Einladungstext, vom WKR ausgesandt, heißt es: „Der Akademikerball steht in der Tradition der großen coleurstudentischen Bälle Wiens, und gibt uns Korporierten die Möglichkeit, auch 2013 wieder in den prunkvollen Sälen der Wiener Hofburg zu feiern und zu tanzen.“

Die Anmeldung durch die FPÖ Wien ist ein rein bürokratischer Akt. Das wird auch ganz offen und unverschämt bekundet: Herwig Götschober (Anmelder der Seite wiener-akademikerball.at und Schriftführer des Akademikerballvereines) schreibt in einem Artikel zur Fragestellung „WKR-Ball? FPÖ-Ball? Akademikerball?“ auf dieburschenschaften.at, dass die FPÖ als Veranstalter „herhält“, um „dem WKR einen weiteren Ball zu ermöglichen“. Er hält in aller Offenheit fest, dass sich an „Organisation, Publikum, Atmosphäre […] nichts ändern wird“.(6)

Der Ball, die handelnden Personen und der inhaltliche Zweck sind also dieselben wie auch letztes Jahr. Um einen Rest an Glaubwürdigkeit zu bewahren, liegt es an Ihnen diesen Ball konsequenterweise abzusagen, statt den Kopf in den Sand zu stecken und sich scheinheiliger Vorwände zu bedienen. Es wäre ein handfester Skandal, würde dieser Ball in ihrem Haus stattfinden.

Das will ich mir gar nicht anschauen. Das finde ich unerhört.“(7) –ist nämlich Ihrerseits unerhört, gerade Sie als Geschäftsführer der Hofburg müssen ganz genau hinschauen was für Bälle in Ihren eigenen vier Wänden abgehalten werden und die Konsequenzen daraus ziehen.

UnterzeichnerInnen des Briefes sind u.a.:

Grüne Wien, Sozialistische Jugend, Israelitische Kultusgemeinde, Gedenkdienst, SOS Mitmensch, VSStÖ Österreich, Mauthausen Komitee Österreich, ÖH Bundesvertretung

(1)http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20111201_OTS0283/wiener-korporationsball-2012-zum-letzten-mal-in-der-hofburg-vienna

(2)http://derstandard.at/1322531494396/Veto-Casinos-Austria-gegen-WKR-Ball-in-Wiener-Hofburg

(3)http://derstandard.at/1356426476394/WKR-Ball-Ein-Ball-ist-ja-nichts-Politisches

(4)http://www.liberation.fr/monde/01012386691-valse-brune-a-vienne

(5)http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20111201_OTS0308/fpoe-strache-hofburg-gmbh-gibt-linkem-mobbing-gegen-wkr-ball-nach

(6)http://www.dieburschenschaften.de/aktuelle-berichte/bericht/meldung/779/wkr-ball-fp.html

(7)http://derstandard.at/1356426476394/WKR-Ball-Ein-Ball-ist-ja-nichts-Politisches