70 Jahre Befreiung von Auschwitz – 70 Jahre Bauen an einem demokratischen, offenen Österreich und Europa

Im Jahr 2015 jährt sich die Befreiung des nationalsozialistischen Konzentrationslagers Auschwitz durch die alliierten Truppen der Roten Armee zum 70. Mal. Als breites zivilgesellschaftliches Bündnis wollen wir am Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocausts an die Opfer der nationalsozialistischen Verbrechen erinnern.

Am 27. Jänner 1945 wurde das Arbeits- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau von der Roten Armee befreit. Die Befreiung erfolgte zu spät – viel zu spät. Bis dahin wurden in Auschwitz 1,1 Millionen Menschen von österreichischen und deutschen Nazis ermordet: mehr als 1 Million Menschen, die als Jüdinnen und Juden verfolgt wurden, 21.000 Angehörige der Romgruppen, 15.000 sowjetische Kriegsgefangene und mehr als 80.000 aus politischen und anderen Gründen nach Auschwitz Deportierte. Stellvertretend für alle Orte des Holocausts wurde das Datum der Auschwitz-Befreiung als Internationaler Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust von der UNO ausgerufen.

Auch 70 Jahre nach der Befreiung tragen wir eine gesellschaftliche Verantwortung für das Geschehene und wollen daher am 27.01.2015 an die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgungs- und Vernichtungspolitik denken, an sie erinnern, damit so etwas nie wieder geschehen kann.

Der Aufbau von funktionierenden demokratischen Strukturen in den Nachfolgestaaten des NS-Regimes, die Entwicklung selbstbestimmter und starker Zivilgesellschaften und das „Überwinden“ von Ressentiments, Verachtung und Hass vermeintlich „Anderen“ gegenüber dauert jedoch bis heute an. Demokratie, Respekt, garantierte Grund- und Menschenrechten sind nichts Selbstverständliches, sondern müssen von Gesellschaften immer wieder errungen und abgesichert werden, um an künftige Generationen weitergegeben werden zu können.

Noch immer gibt es Antisemitismus und Rassismus in Österreich, laut einer im Mai 2014 veröffentlichten Umfrage der Anti-Defamation League meinen 42% der Österreicher_innen, Juden und Jüdinnen hätten zu viel Einfluss auf die internationalen Finanzmärkte. 30% glauben, Juden und Jüdinnen würden Zeitungen und die Medienwelt kontrollieren. Die antisemitischen Mythen sind nicht Geschichte, sie wirken noch immer. Dagegen müssen wir uns mit aller Entschiedenheit stellen, Antisemitismus darf nicht toleriert werden, denn wir wissen, wohin er geführt hat. Der Antisemitismus-Bericht der europäischen Grundrechteagentur sowie die Studie der ADL führen uns deutlich vor Augen, dass Ausgrenzung, Verfolgung und Bedrohung von Juden und Jüdinnen in diesem Europa nicht der Vergangenheit angehören.

Es gibt keinen Grund, sich in Sicherheit zu wiegen und zu glauben, dass sich Ausgrenzung, Antisemitismus, Rassismus, Hass und Menschenhatz nicht wiederholen können. Es liegt in unserer Verantwortung, gegen Antisemitismus, Rassismus, Ausgrenzung, rechte Hetze und Nationalismus aufzutreten.

Der Internationale Gedenktag an die Opfer des Holocausts am 27. Jänner ist einerseits ein Zeichen dieser kollektiven Verantwortung, indem wir uns erinnern und dadurch Lehren für die Zukunft ziehen, dass sich die Verbrechen, die Millionen von Menschen das Leben gekostet haben, nicht wiederholen. Wir wollen Verantwortung dafür übernehmen, dass wir die Lehren aus dem Holocaust verwirklichen und wir unverbrüchlich für Demokratie, Menschenwürde sowie für Grund- und Menschenrechte einstehen.
Das offizielle Österreich gedenkt am 27. Jänner 2015 in einer Veranstaltung im Parlament – wir fordern, dass dieser Tag auch in Österreich als offizieller Gedenktag deklariert wird.

Gesellschaften sind vielfältig. Demokratie braucht Demokrat_innen, braucht Menschen, die diese gestalten und sich in ihr engagieren. Seit der Befreiung der Konzentrationslager vor 70 Jahren haben sich Überlebende aller verfolgten Gruppen selbst, ihre Nachkommen, Widerstandskämpfer_innen, Nachbar_innen und Kolleg_innen für ein demokratisches Österreich und Europa engagiert.
Dieses Engagement wollen wir bei der Gedenkveranstaltung am 27. Jänner 2015 in den Mittelpunkt stellen.

Moderation:
Katharina Stemberger

Gebärdendolmetsch:
Sabine Zeller

RednerInnen:

Irma Schwager (Überlebende Widerstandskämpferin, Ehrenvorsitzende der KPÖ)

Präsident des International Council of Christians and Jews

Olivia Kaiser-Dolidze (Verein GEDENKDIENST)

Waltraud Barton (Verein IM-MER)

Raimund Fastenbauer (IKG)

Stadtrat Manfred Jurczka

Vizebürgermeisterin Marie Vassilakou

Bürgermeister Michael Häupl

Musikalische Begleitung:
Chor Gegenstimmen

Am 27. Jänner 2015 setzen wir gemeinsam ein Zeichen gegen Antisemitismus, Rassismus, Menschenhass und Ausgrenzung. Wir übernehmen Verantwortung für die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft. Wir sind laut, wenn Menschen ausgegrenzt, wenn Schwache ihrer Menschenrechte beraubt, wenn Menschen instrumentalisiert werden.

Wir laden alle herzlich ein, gemeinsam ein Zeichen zu setzen. Am Dienstag, dem 27. Jänner 2015, um 17.00 Uhr am Heldenplatz beim Weiheraum des äußeren Burgtors in 1010 Wien.