71 Jahre nach Kriegsende: Kein Wiedererstarken von Ideologien der Ungleichwertigkeit!

Im Jahr 2016 jährt sich die Befreiung der Konzentrations- und Vernichtungslager des NS-Regimes durch die Alliierten zum einundsiebzigsten Mal. Als breites zivilgesellschaftliches Bündnis „Jetzt Zeichen setzen“ wollen wir am Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocausts an die nationalsozialistischen Verbrechen erinnern.

Am 27. Jänner 1945 wurde das Arbeits- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau von der Roten Armee befreit. Die Befreiung erfolgte zu spät – viel zu spät. Bis dahin wurden in Auschwitz 1,1 Millionen Menschen von österreichischen und deutschen Nazis ermordet: mehr als 1 Million Menschen, die als Jüdinnen und Juden verfolgt wurden, 21.000 Angehörige von Romagruppen, 15.000 sowjetische Kriegsgefangene und mehr als 80.000 aus politischen und anderen Gründen nach Auschwitz Deportierte. Stellvertretend für alle Orte des Holocausts wurde das Datum der Auschwitz-Befreiung von der UNO als Internationaler Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust ausgerufen.

Auch 71 Jahre nach der Befreiung tragen wir eine gesellschaftliche Verantwortung für das Geschehene und wollen daher am 27.01.2016 an die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgungs- und Vernichtungspolitik denken, und an sie erinnern, damit so etwas nie wieder geschehen kann.

Der Aufbau von funktionierenden demokratischen Strukturen in den Nachfolgestaaten des NS-Regimes, die Entwicklung selbstbestimmter und starker Zivilgesellschaften und das „Überwinden“ von Ressentiments, Verachtung und Hass vermeintlich „Anderen“ gegenüber dauert jedoch bis heute an. Demokratie, Respekt, garantierte Grund- und Menschenrechte sind nichts Selbstverständliches, sondern müssen von Gesellschaften immer wieder errungen und abgesichert werden, um an künftige Generationen weitergegeben werden zu können.

Noch immer gibt es Antisemitismus und Rassismus in Österreich, laut einer im Mai 2014 veröffentlichten Umfrage der Anti-Defamation League (ADL) meinen 42% der Österreicher_innen, Juden und Jüdinnen hätten zu viel Einfluss auf die internationalen Finanzmärkte. 30% glauben, Juden und Jüdinnen würden Zeitungen und die Medienwelt kontrollieren. Die antisemitischen Mythen sind nicht Geschichte, sie wirken noch immer. Dagegen müssen wir uns mit aller Entschiedenheit stellen, Antisemitismus darf nicht toleriert werden, denn wir wissen, wohin er bereits geführt hat. Die Studie der ADL führt uns deutlich vor Augen, dass Ausgrenzung, Verfolgung und Bedrohung von Juden und Jüdinnen in diesem Europa nicht der Vergangenheit angehören.

Es gibt keinen Grund, sich in Sicherheit zu wiegen und zu glauben, dass sich Ausgrenzung, Antisemitismus, Rassismus, Hass und Menschenhatz nicht wiederholen können. Es liegt in unserer Verantwortung, gegen Antisemitismus, Rassismus, Ausgrenzung, rechte Hetze, Nationalismus und religiösen Fundamentalismus aufzutreten.

Der Internationale Gedenktag an die Opfer des Holocausts am 27. Jänner ist unter anderem ein Zeichen dieser kollektiven Verantwortung, indem wir uns erinnern und dadurch Lehren für die Zukunft ziehen, sodass sich diese Verbrechen, die Millionen von Menschen das Leben gekostet haben, nicht wiederholen. Wir wollen Verantwortung dafür übernehmen, dass wir die Lehren aus dem Holocaust verwirklichen und wir unverbrüchlich für Demokratie, Menschenwürde sowie für Grund- und Menschenrechte einstehen.
Wir fordern, dass dieser Tag auch in Österreich als offizieller Gedenktag deklariert wird.

Gesellschaften sind vielfältig. Demokratie braucht Demokrat_innen, braucht Menschen, die diese gestalten und sich in ihr engagieren. Seit der Befreiung der Konzentrationslager vor 71 Jahren haben sich Überlebende aller verfolgten Gruppen selbst, ihre Nachkommen, Widerstandskämpfer_innen, Nachbar_innen und Kolleg_innen für ein demokratisches Österreich und Europa engagiert.
Dieses Engagement wollen wir bei der Gedenkveranstaltung am 27. Jänner 2016 in den Mittelpunkt stellen.

Moderation: Katharina Stemberger

Gebärdendolmetsch: Sabine Zeller

RednerInnen:
Susanne Bock, Zeitzeugin
Laura Schoch, Bundesjungendvertretung
Raimund Fastenbauer, Israelitische Kultusgemeinde
Andreas Mailath-Pokorny, Kulturstadtrat Wien
Maria Vassilakou, Vizebürgermeisterin Wien

Musikalische Begleitung:
Jüdischer Chor Wien

Am 27. Jänner 2016 setzen wir gemeinsam ein Zeichen gegen Antisemitismus, Rassismus, Menschenhass und Ausgrenzung. Wir übernehmen Verantwortung für die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft. Wir sind laut, wenn Menschen ausgegrenzt, wenn Schwache ihrer Menschenrechte beraubt, wenn Menschen instrumentalisiert werden.

Wir laden alle herzlich ein, gemeinsam ein Zeichen zu setzen. Am Dienstag, dem 27. Jänner 2016, um 17.00 Uhr am Heldenplatz beim Weiheraum des äußeren Burgtors in 1010 Wien.

UnterstützerInnen für den 27. Jänner 2016

Presseaussendung zum 27. Jänner 2016